Täglich werden viele von IHNEN geboren, SIE werden angeschafft und dann sind SIE da; man hat SIE einfach. Viele Stimmen behaupten, daß man SIE unter allen Umständen und jederzeit dominieren muss, da SIE ansonsten pausenlos versuchen, UNSER Leben unter Kontrolle zu bringen. Warum aber müssen wir SIE uns anschaffen, wenn WIR doch eigentlich Angst vor IHNEN haben? Es ist doch nichts anderes als Angst, wenn WIR krampfhaft versuchen, ETWAS oder JEMANDEN dominieren oder beherrschen zu wollen. Ist ein normales Zusammenleben unter solchen Bedingungen mit IHNEN denn überhaupt möglich? Wer aber sind SIE?
Einer von IHNEN war Duke. Seine Geschichte ist unbekannt. Sie beginnt für uns an einem Baum. Festgebunden. Ein Maulkorb, der die Zähne dieses großen schwarzen Hundes seinem Finder gegenüber im Zaum halten sollte, hängt an der Seite nach unten. Eine Spannung liegt über dem Hund und über uns. Ist es Angst? Was wollen wir fremden Menschen von ihm? Kann uns vertraut werden? Sicherlich nicht, denn es ist für ihn fast unmöglich, einem Wesen zu vertrauen das unter allen Umständen dominieren und beherrschen möchte. Wir bringen ihn ins Auto. Der große schwarze Hund bekommt einen Namen – eine Persönlichkeit. Er heißt Duke.
Duke kommt ins Tierheim. Dort ist er einer von vielen. Überall bellen Hunde. Auch hier liegt eine Spannung über Duke und über dem ganzen Anwesen. Kann uns Duke hier vertrauen? Wohl nicht, denn er weiß ja nicht, was auf ihn zukommt. Die Enge des Zwingers macht ihn schier wahnsinnig. Er zieht in ein Außengehege um. Ein Pressebericht über Dukes Auffinden macht ihn über die Tierheimgrenzen hinaus bekannt. Menschen mit Kameras rücken an, um über das Schicksal eines Ausgesetzten zu berichten. Noch mehr Menschen erfahren, dass es Duke gibt. Ein Vorbesitzer bzw. der Aussetzer des Hundes findet sich nicht. Duke ist weiterhin im Tierheim und gerät bei allen wieder in Vergessenheit. Eben einer von vielen.
Natürlich kann sich ein Hund an die Unterkunft in einem Tierheim gewöhnen. Schließlich sind die Hunde dort – zumindest eine Zeitlang – zu Hause. Auch für Duke war der Aufenthalt im Tierheim bestimmt nicht das Schrecklichste, was er erlebt hat. Und trotzdem: Die Spannung über Duke war für die wenigen Menschen, die mit ihm zu tun hatten, fast immer spürbar. Für ihn fremde Menschen, von denen die meisten nicht wussten, was sie mit ihm anfangen sollten - und genauso wenig wusste er, was die Menschen von ihm wollten. Ein Napf mit Futter; 2 mal am Tag. Hin uns wieder ein Spaziergang mit Menschen, denen er anfing zu vertrauen. Duke – aus Unsicherheit unberechenbar? Ein introvertiertes Geschöpf, das gelernt hat, zu misstrauen. Wie viel Zeit darf man für einen Hund aufwenden, der in der bisherigen Zeit seines Lebens nie lernen durfte, zu vertrauen? In 3 Jahren kaputt gemacht – innerhalb von 3 Wochen wieder repariert? Nein, so einfach ist das mit der hundlichen Seele nicht. Es ist nicht unmöglich, aber es braucht Zeit. Währenddessen entleert sich der Stau aus Unsicherheit und Angst eines Tages. Nichts Persönliches – einfach nur gerichtet gegen jemanden, der auch nur Angst hatte und unsicher im Umgang mit ihm war. Schuld? Der einzige, der an der Unberechenbarkeit von Dukes Wesen Schuld hat, ist der Mensch, der ihn sich angeschafft, kaputt gemacht und wieder ausgesetzt hat. Eine feige Tat, die Duke und ein paar wenige Menschen nun ausbaden müssen.
Dukes letzter Tag. Traurig, aber wir reden uns ein, daß es das Beste ist. Die Chance auf ein normales hundliches Dasein wurde ihm schon vor langer Zeit genommen. Seine Beine sind schwer; er ist hilflos. Sein Schwanz klopft auf das Liegebrett, als er Menschen sieht, denen er anfängt zu vertrauen. Wahrscheinlich ist Duke beim letzten Gang seines Lebens das erste Mal nicht alleine. Wir sind bei ihm und werden ihn nicht vergessen!
Lebe wohl, Duke - in einer anderen, besseren Welt...
Nachdenkliche Grüße