Secondhand-Hunde
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 Ein Kreis hat sich geschlossen.

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BeitragThema: Ein Kreis hat sich geschlossen.   Ein Kreis hat sich geschlossen. EmptyMo 17 März 2008 - 14:00

Am elften März des letzten Jahres fuhr ich zum Krankenhaus. Mein Körper versagte den mir Anvertrauten seinen Dienst. Dies ist nun ein Jahr her. Ein Kreis hat sich heute geschlossen.

Ich kann mich noch gut erinnern. 1997 - Wir kamen zu einem alten, rostigen Gittertor. Dicht dahinter sprang er, angeleint an einen Pflock, hin und her, mit lautem, aufgeregten Bellen. Max, den ich vorher nur vom Bildschirm her kannte.

Ich kann mich noch entsinnen. Eine Leine von Kalle hatte ich an seinem ziemlich schäbigen Halsband befestigt, und ganz zaghaft und vorsichtig gingen Max und ich eine kleine Runde durch mir unbekanntes, sachsen-anhalter Terrain. Uns gegenseitig beäugend, wechselseitig rätselnd, was der jeweils andere denn so mitteilt. Seine Gewohnheiten und Bedürfnisse musste ich erst erkunden, erst erlernen. Schon bei diesem ersten Gang fühlte ich, daß da jemand ist, der alles möglichst richtig machen möchte, damit alles so bleibt, wie es jetzt gerade ist...

Ich kenne sie noch genau. Diese Erwartenshaltung von mir, daß irgendetwas aus seinem schlimmen Leben vor uns mal aus ihm herausbricht, daß er auf Mensch oder Tier mit der gleichen Heftigkeit und Bosheit reagiert, die ihm einst widerfuhr. Es dauerte seine Zeit, bis mir gewahr wurde, daß da nichts von Abwehr, Vergeltung, Rache in ihm ist, nur Frieden und eine ungebrochene Menschenfreundlichkeit. Er hatte nie spielen gelernt. Wenn er sich freute, sprang er im Kreis. Einem Kreis, der vermutlich genau den Radius aufwies, den die Kette, die er jahrelang getragen hatte, lang war. Antipathien zeigte er allenfalls bei Personen mit schwarzer Lederbekleidung, und bei Motorradhelmen.

Ich kann mich noch gut der Zeiten entsinnen, in denen die Notwendigkeit bestand, Max und Lisa mit zu meiner Arbeitsstelle zu nehmen. Eine Zeitlang wurde dies von der Geschäftsleitung geduldet. Lisa verdrückte sich meist in eine stille, ruhige Ecke, wo sie nicht gesehen wurde, sie jedoch beobachten konnte. Max jedoch war immer da, wo ich war. Und so war er's zufrieden. Irgendwann wurde, was Max richtig gut fand, nämlich mit mir zusammen zu sein (auch wenn ich mich kaum um ihn kümmern konnte), von anderen - sog. "Kollegen" - als eher störend empfunden. Man bemühte einige (fadenscheinige) Vorwände, um zu verdeutlichen, daß Hunde in einer Elektronik-Werkstatt nichts zu suchen hätten.

Ich habe die Bilder noch genau vor Augen. Urlaubsreisen ins Hochgebirge zusammen mit den Hunden. Wanderungen bis weit über das Schlaitner Tor hinaus, teilweise abseits aller Pfade, bei denen ich vielleicht die begrenzten Fähigkeiten von uns "Flachländlern" auf ignorante Weise überschätzte. Aber Max lief, kletterte, stieg jeden Weg mit, unermüdlich. Hatte sogar die Kraft und das Selbstbewußtsein, zusammen mit dem einheimischen Chef-Revierrüden der läufigen Pensionshündin nachzusteigen. Was sorgten wir uns bei stundenlanger Abwesenheit dieses Trios. Irgendwann fanden sie sich alle müde, zerzaust und glücklich wieder ein...

Sie ist mir noch gegenwärtig, diese ruhige, zurückhaltende Souveränität, mit der Max auf unseren zahllosen Spaziergängen anderen Menschen und Hunden begegnete. Ganz im Gegensatz zu Lisas oftmals kläffender Herumnerverei. Max hat es tatsächlich erreicht, alle Begegnungen mit noch so unverträglichen Artgenossen ohne ernsthafte Auseinandersetzungen zu überstehen.

Ich kann irgendwie noch mitfühlen. Das Leben von Max war oftmals erfüllt von Schmerzen. Sein schlimmes "Vor -" Leben hatte schlimme Verwüstungen in seinem Körper hinterlassen. Als Folge davon musste er einen nie enden wollenden Medikamenten-Cocktail ertragen, sich unzähligen Akupunkturen unterziehen. Und trotzdem gab es immer wieder Bewegungen, die ihn ob seiner schmerzenden Knochen und Gelenke zu bitteren Schmerzlauten trieben...

In mir ist immer wieder Rührung, wenn ich daran denke, mit welch heiterer Gelassenheit er immer die Neuankömmlinge bei den Hundesenioren empfing. Er als heimlicher Chef der Truppe war es wohl immer, der die "Neuen" informierte, der im Team mit den anderen die Stärken und Schwächen der Menschen analysierte, und die Hundetruppe dementsprechend perfekt aufstellte. Max, der es mit seiner einfachen, unnachahmlichen Art schaffte, selbst von unserer Super-Oma Nadia vergöttert zu werden...

Ich kann ihn immer noch bei mir fühlen. Der Schlafplatz von Max war immer bei mir. Meist bei mir auf dem Bett, selten suchte er sich mal eine andere Ecke in meinem Zimmer. Seine Anwesenheit war so selbstverständlich, daß ich mir noch nicht vorstellen kann, wie es zukünftig sein wird. Frici tat es ihm in der ersten Zeit seines Hierseins nach, und Max teilte bedenkenlos und mit Güte seinen Bett-Platz mit dem augenscheinlich bett-gewohnten Frici, und dies vom ersten Tage an.

Ich denke daran, wie Robbie bei uns ankam, und kann mir ein ganz leises Lächeln nicht verkneifen. Kurz nach dieser Ankunft gab es wohl eine mir nicht ersichtliche Meinungsverschiedenheit zwischen den Hunden; jedenfalls fing Max lautstark und energisch an, den armen Robbie "rundzumachen", der arme Kerl wurde immer kleiner... Max war eben immer der "heimliche Chef".

Ich weiß noch, wie Lucia zu uns kam. Ich war in Erwartung, sie sei fast völlig blind. Sie kompensierte vom ersten Tag an dieses Handicap, indem sie sich unserem Max anschloss. Max war mit seinem weissen Fell ihr "Leuchtturm" in einer sonst sehr diffusen Welt. Da Max wiederum meistens meine Nähe zu suchen pflegte, befand Lucia sich, vor allem in der Zeit ihrer "Eingewöhnung", in ziemlicher Sicherheit. So hatte ich draussen meist meinen weißen Schatten, Max hingegen seinen grau-schwarzen Schatten. Mit Lucias Eingewöhnung stieg auch ganz rapide ihr Selbstbewußtsein, dies änderte aber nichts an ihrer Anhänglichkeit zu Max.

Ich weiß nichts über die Situation vor einem Jahr, als ich ins Krankenhaus ging. Ich ließ Max zurück, der es nie anders gewohnt war, als von mir seine Nahrung zu erhalten, seine Medikamente zu erhalten. Er kannte es nicht, daß ich mehr als einen Tag nicht da war. Folgerichtig reagierte er mit Nahrungsverweigerung, mit der Weigerung, sich Medikamente verabreichen zu lassen. Die Situation war so schwierig, daß der Alltag ohne mich grenzenlos kompliziert wurde, daß Max darüber fast zu Tode kam...

Ich weiß natürlich von der Zeit danach. Irgendwann war ich wieder da. Max nahm wieder Futter an, ließ sich wieder die so notwendigen Medikamente verabreichen. Welche zu dieser Zeit noch nicht sichtbaren Schäden bei Max durch meine Abwesenheit entstanden, kann ich nicht wissen, nur ahnen. Lou verließ uns, nicht lange danach Nadia. Frici kam tragisch ums Leben. Ich war nach meiner Krankheit nie wieder der, der ich vorher gewesen war...

Heute, einen Tag, bevor sich der Tag meines Fortganges zum ersten Male jährt, ist auch Max von uns gegangen. Vorgestern waren wir noch auf einer langen, schönen Tour auf einer unserer Lieblingsrunden unterwegs. Max hatte in der Nacht zuvor den grössten Teil seiner Vorabends-Mahlzeit (augenscheinlich unzerkaut geschluckt und nicht verdaut) in zwei Schüben, sauber auf meinem Bett und auf dem Fußboden bei den Schreibtischen ausgebreitet, ausgespieen. Da dies bei Max, wenn er seine Portion hastig und ohne Kauen hinuntergefressen hatte, nicht ungewöhnlich war, machte ich mir darob keine weiteren Gedanken. Nachts darauf wollte er im Stundentakt immer wieder ins Freie. Er schien Schwierigkeiten mit dem Harnlassen zu haben. Am frühen Morgen lief er sehr taumelig und unkoordiniert. Er spuckte, kleine Mengen einer schokoladenfarbenen, übelriechenden Masse. Er setzte auch kleine Mengen schwarzen, dünnen Kots ab. Die Tierärztin im Sonntagsdienst befand auf Magen- und Darmblutungen, mit dem vorrangigen Ziel, diese Blutungen zu stillen. Um die augenscheinlichen starken Schmerzen zu lindern, wurde er etwas sediert. Der Tierarzt, der Max am besten kennt, stellte heute einen Tumor fest, der augenscheinlich Auslöser für diese akuten Folgeerscheinungen war.

Dank der Maßnahmen der Tierärztin am Sonntag hatte Max nach meiner Überzeugung in der ganzen Folgezeit wenigstens nicht leiden müssen. Heute hatten wir keine Wahl, als ihn auf den Weg zur Regenbogenbrücke zu schicken. Bei Tootsie und Kalle fand seine Hülle heute ihren letzten Platz.

So hat sich heute ein Kreis geschlossen. Ein Jahr, nachdem mein Leben in Gefahr war, haben vier der mir anvertrauten Mitgeschöpfe uns verlassen. Nie werde ich ermessen können, was mein Ausfallen damals zu diesen Todesfällen beigetragen haben mag. Lous Tod stimmte mich wegen der direkten Folge schuldbewusst; Nadias Tod machte mich unendlich traurig; Fricis Tod löst in mir immer noch Fassungslosigkeit aus. Nach dem Fortgang von Max bleiben Trauer, Hilflosigkeit und Verzagtheit zurück: Ich weiß nicht mehr, wie es weitergehen soll.

So vieles ist in Jahresfrist über uns hereingebrochen. Max fehlt mir so sehr.

Ein Kreis hat sich geschlossen. Max4

Geschrieben am 10.03.2008

Nachdenkliche Grüße
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Silke
Admina
Admina
Silke



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BeitragThema: Re: Ein Kreis hat sich geschlossen.   Ein Kreis hat sich geschlossen. EmptySo 27 Jul 2008 - 7:06

Lieber Peter 179

ich habe diesen Teil aus Eurem Leben schon viele male gelesen und mitgefühlt und ich wollte Dir schon soooo oft etwas tröstendes dazuschreiben.
Leider fand ich bisher nicht die richtigen Worte dazu. Ich kann mit Worten einfach nicht ausdrücken, was ich beim lesen empfinde und was ich Dir sagen möchte... 179

Dieser Beitrag beschreibt einen Teil Eures Lebens, einen Teil von einem wohlbehüteten & glücklichen Max, trotz aller Widrigkeiten...trotz Schmerzen, war er glücklich und ein großer Teil Deines Lebens !

ach lieber Peter, wenn ich wüßte, wie ich Dich trösten könnte.. glaub mir bitte, ich würde es tun ! Den Schmerz kann Dir leider keiner nehmen, aber in Gedanken hab ich mich oft versucht reinzuversetzen... in Euer Leben, in Eure Zeit ! Und vielleicht kannst Du fühlen, das Du nicht allein bist und vielleicht öffnet sich dadurch wieder ein Fenster, um Dir zu zeigen, wie es weitergeht 179

Fühl Dich bitte virtuell und aus ganzem Herzen gedrückt !

Für Max ein Licht, damit auch er den richtigen Weg leichter gehen kann..




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Alles Liebe und alles Gute für EUCH !!
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Tita
MITGLIED
MITGLIED
Tita



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BeitragThema: Re: Ein Kreis hat sich geschlossen.   Ein Kreis hat sich geschlossen. EmptyDo 31 Jul 2008 - 17:48

Hallo Peter!
Ich konnte nicht schlafen,sitze schon seit einer Stunde vor dem Pc.
Erst heute habe ich Deine,Eure Geschichte gelesen und sie hat mich sehr berührt.
Nachdem erst vor kurzem mein kleiner Charly starb,der übrigens immer an meinem Fußende geschlafen hat..16 Jahre lang,ist auch hier vieles nichts mehr,wie es war.
Charly fehlt,genau wie Timo,Rocky,Berta und Frieda.
Keines der Tiere,die bei unserem Einzug in das Haus hier mit uns lebten,ist noch da.
Nacheinander sind sie durch Alter oder Krankheit oder wie Frieda durch ein großes Unglück aus unserm Leben verschwunden.Ich vermisse sie alle,die Erinnerung ist schön und schwer zugleich...die große Pranke von Timo,die er mir immer in die Hand legte,das Freudengeheul von Berta,mit der mich etwas ganz besonderes verband,die Anschmiegsamkeit von Rocky...
nie wieder ihre feuchten Nasen spüren.
Krankheit und Tod gehören zum Leben,bei uns Menschen genau wie bei Tieren.Wie schwer es fällt,loszulassen,sehe ich täglich im Krankenhaus.Auf meiner Station sterben viele Patienten,müssen viele Angehörige Abschied nehmen,loslassen,trauern.
Und dann kommt das Erinnern und das Weiterleben.
"Seid nicht traurig,das ich gestorben bin,sondern freut euch,das ich gelebt habe"
Es wird nie wieder sein ,wie vorher...aber es kann trotzdem wieder schön werden.
Charly ist tot,aber zu meinen Füßen liegt Tita,die mir zeigt,wie schön das Leben ist.

Liebe hoffnungsvolle Grüße von Birgit und Tita
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